Prof. Heiner Igel erhält ERC Advanced Grant
Professor Heiner Igel wird vom Europäischen Forschungsrat mit einem Advanced Grant in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro ausgezeichnet. Igel wird mithilfe des Grants einen neuartigen Rotationssensor zur Messung von Bodenbewegungen entwickeln. ERC Advanced Grants ehren europäische Forscher, die bereits herausragende Leistungen in den Wissenschaften erbracht haben. Damit sollen sie für ihre hoch innovativen Forschungsvorhaben die nötigen Freiheiten erhalten.
Wenn die Erde bebt, bewegt sich der Boden in alle Richtungen: Er schwingt nicht nur Hin und Her und Auf und Ab, sondern kann auch kippen und sich verdrehen. Um Bodenbewegungen vollständig zu charakterisieren, müssten derartige Rotationsbewegungen daher ebenfalls gemessen werden. Obwohl Erdbebenwellen bereits seit 100 Jahren mithilfe seismologischer Messungen erfasst werden, ist die Beobachtung der vollständigen Bodenbewegung aber bis jetzt ein ungelöstes Problem, denn mit Standardseismometern kann die Rotation im dreidimensionalen Raum nicht erfasst werden.
Mit einer neuen optischen Technologie ist die Lösung dieses Problems in Reichweite gerückt: Sogenannte optische Kreisel, die eigentlich primär zur Beobachtung der Erdrotation entwickelt wurden, sind auch zur Beobachtung von Rotationbewegungen des Bodens gut geeignet. Dies zeigten Vorstudien Igels, der diese Technologie erstmals in der Seismologie verwendete und damit das neue Feld der Rotationsseismologie anregte. In München soll nun in Zusammenarbeit mit Professor Karl Ulrich Schreiber (TUM) mithilfe des ERC Advanced Grants der erste in ein Observatorium integrierte Rotationssensor gebaut werden, der die Bodenbewegungen vollständig aufzeichnet.
Die Anwendungen dieser sogenannten Rotationsbewegungen reichen von der Erdbebenphysik über seismische Tomographie, der Geodäsie, Ozeanographie bis hin zur Ingenieurseismologie und kosmologischen Phänomenen. Die kombinierte Messung aus Standardseismometern und Rotationssensoren wird ganz neue Möglichkeiten der tomographischen Rekonstruktion des Erdinnern erlauben und zum Beispiel wesentlich genauere Beobachtungen der Bewegungen eines Gebäudes ermöglichen. Außerdem erhoffen sich die Wissenschaftler auch neue Erkenntnisse darüber, wie die Ozeane unseren Planeten zum Schwingen bringen.